Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und die Boston Consulting Group (BCG) haben gemeinsam die Studie „Klimapfade 2.0“ veröffentlicht. Vor dem Hintergrund des Klimaschutzgesetzes 2021 der Bundesregierung mit sehr ehrgeizigen Klimaschutzzielen stellt die detaillierte Studie dar, wie diese Ziele in allen Sektoren bis 2030 ermöglicht und die wichtigsten Weichen in Richtung Treibhausgasneutralität bis 2045 gestellt werden können.
Beteiligt an der Studie waren 80 Unternehmen und Industrieverbände mit mehr als 150 Expertinnen und Experten. Resultat ist eine Machbarkeitsstudie mit ausführlicher betriebswirtschaftlicher Betrachtung und konkreten Investitionsvorschlägen. Denn die Transformation zum klimaneutralen Industrieland ist möglich.
Hier die Kernthemen und -ergebnisse der Studie von BDI und BCG:
- Erreichung der Treibhausgasneutralität bis 2045: Umbau des Energiesystems, der internationalen Energieversorgung, unseres Gebäude- und Fahrzeugbestands, unserer Infrastruktur sowie großer Teile unserer produzierenden Wirtschaft
- Erreichung der gesetzlich vereinbarten Klimaschutzziele 2030: weitgehender Verzicht auf Reinvestitionen in fossile Technologien, Kohleverstromung muss deutlich schneller zurückgehen als bisher geplant
- es wird teuer: bis 2030 sind laut Studie Mehrinvestitionen in Höhe von rund 860 Mrd. Euro nötig, davon entfällt neben Gebäude, Verkehr und Industrie allein etwa die Hälfte auf den Energiesektor
- Halbierung der Emissionen gegenüber 2019 notwendig, aktuelle Klimapolitik reicht dafür in keinem Sektor aus. Gibt es im Herbst 2021 keine kritischen Entscheidungen und Steuerungsimpulse, sind die gesetzlich vereinbarten Klimaschutzziele nicht mehr oder nur noch unter Einsatz von deutlich höheren Investitionen zu erreichen
- Vorschlag eines Wirtschaftsprogramms für Klima und Zukunft aus rund 20 Instrumenten: z.B. fossile Energieträger attraktiver machen, nationales Infrastrukturprogramm, Carbon-Leakage-Schutz, Forschungs- und Innovationsagenda
- durch Mehrbelastungen (steigende CO2-, Energie- und Materialkosten) entstehen Unternehmen im Jahr etwa 15-23 Mrd. Euro Mehrbelastungen: daher sind verlässliche Ausgleichsinstrumente erforderlich
- soziale Ausgleichsmaßnahmen für Mehrbelastungen privater Haushalte nötig, die nicht auf emissionsarme Technologien wechseln können
- Finanzierung dieser Ausgleichsmaßnahmen soll laut BDI durch Einsparungen im Bundeshaushalt, Abgaben, Steuern oder Schulden erfolgen
- Nationale Anstrengung hat nur zusammen mit internationalen Nachahmern und Partnern wesentlichen Einfluss auf das Weltklima: europäisch und international abgestimmte Klimapolitik notwendig
- nächste Bundesregierung muss für erhebliche Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie effektivere und politisch besser koordinierte Steuerung auf Bundes- und Landesebene sorgen
- gesamtgesellschaftliche Mammutaufgabe mit der historischen Chance, Deutschland zu einem klimaneutralen Industrieland zu transformieren und einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten: erfordert sofortige Umsteuerungen in den ersten Monaten der neuen Legislaturperiode
Um die Klimaschutzziele zu erreichen, müssen wir jetzt handeln und dürfen keine Zeit verlieren. Daher sind die Verhandlungen der derzeitigen Weltklimakonferenz ebenso entscheidend wie das „Fit for 55“-Gesetzespaket der EU sowie ein hoffentlich mutiges und beherztes Handeln der neuen Bundesregierung. Wir benötigen jetzt für mehr Planungssicherheit in der Gesellschaft klare Vorgaben und Leitplanken von der Regierung in Sachen Klimaschutz.