Bekanntlich brummt das Thema der nachhaltigen Geldanlage in Deutschland und der Welt. Es bestehen zahlreiche Probleme, die Anlass zur Sorge bereiten und die viele Menschen bewegen. Daher suchen sie nach Möglichkeiten, ihr Geld mit gutem Gewissen anzulegen und damit Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft zum Guten zu verändern.
Die Politik will dies gezielt fördern. Allein um den Klimawandel zu bekämpfen, sind bis zu 270 Milliarden Euro jährlich an Investitionen notwendig. Daher braucht es privates und institutionelles Kapital in riesigem Umfang, um Nachhaltigkeit auf allen Ebenen wirklich voranzutreiben. Und um die 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen zu erreichen, werden laut Schätzungen der Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung bis 2030 jedes Jahr 2,5 Billionen US-Dollar benötigt.
Die EU-Kommission will beispielsweise beim Klimaschutz die Finanzwirtschaft in die Pflicht nehmen, wie sie im 2018 veröffentlichten Aktionsplan „Finanzierung nachhaltigen Wachstums“ deutlich macht. Mit dem Aktionsplan hat die EU-Kommission einen Maßnahmenkatalog vorgeschlagen, um das Finanzwesen in der Europäischen Union auf mehr Nachhaltigkeit auszurichten. Die EU-Verordnung für nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor gilt bereits seit 10. März 2021. Es muss dann klar Auskunft darüber gegeben werden, inwieweit Finanzprodukte nachhaltig sind.
Und die Verordnung (EU) 2020/852 Taxonomie-Verordnung – auch bekannt als Grüne Taxonomie – enthält die Kriterien zur Bestimmung, ob eine Wirtschaftstätigkeit als ökologisch nachhaltig einzustufen ist. Damit soll der Grad der ökologischen Nachhaltigkeit einer Investition ermittelt werden. Die Grüne Taxonomie ist ein zentraler Rechtsakt, der durch Förderung privater Investitionen in grüne und nachhaltige Projekte einen Beitrag zum Europäischen Grünen Deal leisten soll. Das ist ein Konzept mit dem Ziel, bis 2050 in der Europäischen Union die Netto-Emissionen von Treibhausgasen auf null zu reduzieren und somit als erster Kontinent klimaneutral zu werden.
Generell gilt die Grüne Taxonomie als eine Art Gütesiegel für Nachhaltigkeit, an dem sich Anleger*innen bei der Suche nach ESG- und SDG-konformen Investments orientieren können. Das Problem: Nach einem Vorschlag der EU-Kommission sollen nun auch Atomkraft und Gas als grün, also umweltfreundlich und nachhaltig gelten. „Die Europäische Kommission hat den Konsultationsprozess mit einer Sachverständigengruppe der Mitgliedstaaten für nachhaltiges Finanzwesen und der Plattform für ein nachhaltiges Finanzwesen zum Entwurf einer ergänzenden Taxonomie-Rechtsverordnung über bestimmte Erdgas- und Kernenergieaktivitäten eingeleitet“, heißt es in einer Pressemitteilung der EU-Kommission.
Viele Expert*innen haben damit Bauchschmerzen. Auch wenn die Grenzen für als nachhaltig eingestufte Atomkraftwerke eng sind, muss man sich doch fragen, wie Atomkraft hinsichtlich Aufbereitung, Lagerung, Entsorgung oder auch in Extrem- oder Notfallszenarien nachhaltig sein soll? Der Fokus auf die emissionsfreie Stromerzeugung kann nicht ausreichen, um echte Nachhaltigkeit herzustellen. Das bedeutet: Die Klassifizierung ermöglicht erneut ein Schlupfloch, und das wird den Umbau der Energiewirtschaft hin zu wirklicher Nachhaltigkeit ausbremsen!
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Autor: Dr. Patrick Peters